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donde las calles no tienen nombre

Viele amerikanische Städte weisen in ihrer Grundstruktur ein gerastertes Straßennetz auf, wie man es auch aus römischen Städten kennt, welche damit den neuen Siedlungen den verwaltungstechnische Aspekt unverkennbar eingeschrieben haben. Aber schon ca. 2500 v.Chr. gab es Städte, die ebenso angelegt wurden (beispielsweise Harappa in Pakistan). Mit der Erschließung von Neuland und der gezielten Errichtung von Städten an Verkehrslinien (Eisenbahn) im Zuge der Kolonisierung der Neuen Welt, wurde dieses praktische Verfahren fast durchgängig angewendet. Ab dem Ende des 18.Jh konnten Siedler vermessenes Land erstehen – welches durch die Vermessung in Quadrate zu je 6x6 Meilen abgesteckt wurde. Städisches Gebiet wurde dann in kleinere Blöcke (ca. 100x100 Meter) zerteilt. Dieses aus der Antike stammende, strenge Raster, welches für Übersicht und Ordnung sorgt, ist in seiner Übertragung auf den amerikanischen Kontinent nicht zuletzt auch auf Georges-Eugène Haussmann zurück zu führen.

Die Nachbarschaft / Corporation Minuto de Dios, welche im Stadtbezirk Engativa liegt wurde 1962 durch Pater Rafael García Herreros gegründet. Das Museo de Arte Contemporáneo welches sich ebendort befindet und aus der Corporation genauso wie die Universität hervorging, war Partner des Projektes "working voices", kuratiert von Harm Lux. Das Projekt hatte sich zur Aufgabe gemacht ein internationales Kunstprojekt in Zusammenarbeit mit der Nachbarschaft, gemeindenahe und partizipativ, durchzuführen.

Der von mir dafür vorgeschlagene Beitrag "donde las calles no tienen nombre" ruft die Bewohner von Minuto de Dios dazu auf, selbstverantwortlich und in nachbarschaftlicher Auseinandersetzung, neue, eigenständige und einzigartige, poetische, politische und besonders performative Straßennamen zu entwerfen und anzubringen. Wie sich herausstellte, hatten vereinzelte Straßen, vor Eingemeindung dieser Nachbarschaft nach Bogota, eigene Namen, die aber dann verschwanden. Die in ganz Amerika übliche numerische Verwaltung wurde auch hier komplett durchgesetzt. 

Da es keine offizielle Vergabe von Straßennamen gibt, ist die Benennung ein völlig offenes, frei gestaltbares Feld. Hauptaugenmerk legen wir dabei besonders auf die Eigenwilligkeit, die individuelle Bezugnahme und ggf. auch auf den verpflichtend-performativen Charakter der neuen Straßennamen. Beispielsweise soll eine Straße nicht lediglich den Namen KARL-MARX-STRASSE tragen, sondern viel eher STRASSE, IN DER ALLE BEWOHNER BEGONNEN HABEN KARL MARX ZU LESEN. Aber auch politische Namen, wie STRASSE IN DER IM JAHR 2007 EINMAL ALLE LEUTE ANGST HATTEN, oder STRASSE, IN DER BIS HEUTE EIN NACHBAR VERSCHWUNDEN IST, oder poetische Namen wie STRASSE ANTONI CERRERA FUSQUEZ - GLÜCKLICHSTER BEWOHNER, STRASSE IN DER WUNDER GESCHEHEN, DIE MAN NICHT SIEHT, etc. Ausgemachtes Ziel der Aktion ist, durch einfallsreiche und interessante Namen die weitere Nachbarschaft so sehr anzuregen, daß sich die Arbeit von selber immer weiter fortsetzt.

 

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