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Wüstenmutter

Beijing, Vorplatz Hauptbahnhof / central station forecourt
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Auf dem Vorplatz des Pekinger Hauptbahnhofes gibt es keinen Stillstand. Ständig laufen und hasten Reisende in die monumentalen Hallen oder aus ihnen heraus in die Stadt. Dort konnte ich eine Frau beobachten, die entweder saß oder lag, auf ihren 2 Pappen. Mehr hatte sie nicht dabei. Kein Essen, kein Getränk, keine Habseligkeiten, nur ihre Kleidung und die Pappe. Ihr Anzug und die bunten Sportschuhe verschafften ihr einen Ausdruck, der nicht sofort an Obdachlosigkeit oder Armut denken ließ. Ihr Verhalten war frei von Gesten der Bedürftigkeit. Kein Blick auf das Geschehen um sie herum. Eine Meditation? Mit dem sonnigen, stark überlaufenen Platz hatte sie sich einen prominenten Ort ausgesucht (oder nur gefunden), der genau das Gegenteil dessen abgibt, was traditionell in China als Raum für geistige Versenkung gilt. Ein Protest? Eine religöse Demonstration? Ihre Hände waren leicht geschwollen, die Haare vom Wind bewegt. Ein Theater, eine Performance, eine politiche Aktion? Nichts davon. Reinheit? Buße? Eine vorgeführte Form der Weltlosigkeit? Auch davon nichts. Einfach nichts. Nur ihre körperliche Anwesenheit, die auf den geringsten Ausdruck des Leibes beschränkt blieb. Sie war da. Doch keine Botschaft ging von ihr aus.
Ich danke ihr.